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Da hatte ich gerade vor drei Tagen vollmundig behauptet, die Klosterscheuer wäre das erste Haus am Herrenalber Platze, und schon kommen mir Zweifel. Heute waren wir nämlich in der Villa Lina, zum ersten Mal nach ziemlich genau zwei Jahren.
Inzwischen hat sich einiges getan, nicht optisch – das Restaurant ist innen und außen genauso schnuckelig wie damals, ohne kitschig zu sein –, sondern in der Küche, in der seit Februar 2018 ein neuer Koch das Sagen hat. Der produziert nun eine Spielart bayrisch-badisch-schwäbischer Küche, die beweist, dass man selbst in einem biederen Nest wie Bad Herrenalb deftige, scheinbar vertraute Küche mit ungewöhnlichen Aromen beflügeln kann. Das ist zumindest der Plan für die kalte Jahreszeit, wo man was Nahrhaftes auf die Rippen braucht, und deshalb nennt man wohl auch das Restaurant zumindest vorübergehend Lina’s Stüberl, komplett mit Nagelstudio-Apostroph. Was im Sommer auf den Tisch kommen wird, ist noch offen.
Auslöser für diesen sehr kurzfristig anberaumten Besuch war die zufällige Entdeckung, dass auf der Karte ein sous-vide-gegarter Schweinebauch angeboten wird, und zwar komplett mit Garzeit (65/36). So viel Offenlegung von Küchengeheimnissen war uns jetzt auch noch nicht begegnet, aber umso sympathischer. Und da wir beide der Meinung sind, dass am Schwein kein schmackhafteres und, in seiner Kombination von schmelzend und knusprig, vielseitigeres Stück wächst, haben wir spontan reserviert. Da dort nämlich nach wie vor die Tische überwiegend angenehm distanziert aufgestellt sind und außerdem das Stüberl nur sporadisch geöffnet ist (Do-Sa ab 17:00, So ab 11:00, das muss man sich trauen), erwies sich das als sehr sinnvoll. Gäste, die später einfach so reinschneiten, wurden zum Teil anderswo dazugesetzt. Das ist immer etwas heikel, denn als Sitzender kann man schlecht nein sagen, und als Gesetzter weiß man das natürlich.
Die Karte ist kurz und nahrhaft. Unter den Vorspeisen findet sich zum Beispiel eine komplette Brotzeitplatte. Wir beschieden uns natürlich in Anbetracht dessen, was wir noch vorhatten, mit je einer der beiden angebotenen Suppen:
Petersilienwurzel zu 5,50 €
und Rinderbrühe mit Grießklößchen zu 6,50 €, die nach einer dreiviertel Stunde in ordentlicher Portion serviert wurden und dem Hunger, den wir inzwischen entwickelt hatten, etwas die Spitze nahmen. Zum Amüsement während der Wartezeit trug immerhin der junge Kellner bei, als er uns im Vorbeilaufen fragte, ob alles recht sei. Da fiel ihm wohl auch auf, dass wir noch gar nichts auf dem Tisch hatten, was uns hätte recht sein können.
Nach einer weiteren guten halben Stunde kamen dann die Hauptgerichte: Für meine Frau der Catch of the Day (23,50 €), heute ein äußerst gelungener Petersfisch auf grünem Spargel, wo auch immer dieser gerade wächst, als Beilage eine, nennen wir es einfach mal Winterrolle (um diese jahreszeitliche Lücke zu schließen), die mit Kürbisrisotto gefüllt war. Eine lustige Idee, und meine Frau war begeistert.
Oh, und dann mein Schweinebauch (19,50 €), der kurz danach eintraf.... ein Gedicht! Obenauf die zarte, knusprige Haut, darunter der im Mund schmelzende, schweinemäßige Unterbau aus Fett und Fleisch, der meine schon sehr hohen Erwartungen sogar noch übererfüllte. In der Sous-vide-Tüte war unter anderem ordentlich Szechuanpfeffer zugegen gewesen, was die Papillen mit Überraschung und viel Vergnügen zur Kenntnis nahmen.
Der Krautsalat mit Speck war noch ungewöhnlicher, indem er mit Kreuzkümmel, Currypaste und Ingwer angemacht war. Für manchen vielleicht ein Sakrileg, für mich, der ich ohnehin Kreuzkümmel dem kreuzlosen Cousin bei Weitem vorziehe, eine Epiphanie.
Danach teilten wir uns noch eine Crème brûlée mit Orangensorbet (8,50 €), beides perfekt in Konsistenz und Geschmack und eine weitere Bestätigung dafür, dass mein Urteil hinsichtlich des Herrenalber Platzhirsches vielleicht doch ein wenig voreilig war. Bei der gerade mal 100 Meter entfernten Konkurrenz war ja gerade der Nachtisch nicht so beeindruckend.
Dafür stimmten dort die Abläufe etwas besser, denn die Wartezeiten bei unserem heutigen Besuch waren eindeutig zu lang. Dazu trug sicher bei, dass ein paar Tische weiter eine größere Gruppe etwas zu feiern hatte. In der Küche war der Koch nämlich nur mit einer einzigen Hilfe tätig. Das mag reichen, wenn der Andrang nicht zu groß ist, heute aber nicht. Als wir das Haus wieder verließen, waren über zwei Stunden vergangen. Umso höher rechnen wir dem Koch aber an, dass er trotzdem gegen Ende für ein kurzes Gespräch zu uns an den Tisch kam, nachdem die Dame des Hauses unsere Vermutungen zu den verwendeten Gewürzen vorsichtshalber nicht bestätigen wollte.
Und da es so voll war und zu der nicht eben leisen Gruppe auch ein Hund gehörte, der ab und zu etwas zu bellen hatte (beim ersten Mal wäre uns fast des Herz stehen geblieben!), und außerdem die Decken sehr niedrig und etwas gewölbt sind, war es so laut, dass wir es zwischenzeitlich aufgaben, uns zu unterhalten. Das war ein bisschen schade, aber wir wissen von unseren früheren Besuchen, dass es auch Tische gibt, die nicht so im Brennpunkt der Schallwellen stehen wie unser heutiger.
Daran werden wir denken, wenn wir das nächste Mal vorbeischauen. Dann vermutlich an einem Donnerstag, denn Donnerstag ist Spare-Ribs-Tag. Und wenn sie die Spare Ribs genauso pfleglich behandeln wie den Schweinebauch, dann frohes Knabbern!